Zweck einer Ausnahmevereinbarung
Gelten nach den zuvor genannten Regelungen die türkischen Rechtsvorschriften, kann im Einzelfall eine Ausnahmevereinbarung darüber getroffen werden, dass für die beschäftigte oder selbstständig tätige Person anstelle der türkischen die deutschen Rechtsvorschriften gelten. Wird eine solche Vereinbarung geschlossen, gilt sie stets einheitlich für alle vom Abkommen erfassten Zweige der deutschen Sozialversicherung.
Voraussetzung für den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung
Bei einer Ausnahmevereinbarung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der beiden in Deutschland und der Türkei genannten Stellen. Grundvoraussetzung für den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung ist das Interesse der Person daran, dass für sie weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften gelten sollen. Bei der Entscheidung werden Art und Umstände der Erwerbstätigkeit und im Falle von Beschäftigten insbesondere die weitere arbeitsrechtliche Bindung an den in Deutschland ansässigen Arbeitgeber berücksichtigt.
Eine solche arbeitsrechtliche Bindung liegt vor, wenn das bisherige Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht oder lediglich um zusätzliche Regelungen für die Zeit des Einsatzes in der Türkei ergänzt wird.
Aber auch ein ruhendes Arbeitsverhältnis kann aus unserer Sicht eine ausreichende arbeitsrechtliche Bindung darstellen, wenn bestimmte Nebenpflichten (z. B. Berichtspflichten gegenüber dem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber, Fortführung der betrieblichen Altersvorsorge bei diesem Arbeitgeber) während des Auslandseinsatzes bestehen bleiben und das bisherige Arbeitsverhältnis bei der Rückkehr nach Deutschland in vollem Umfang wiederauflebt.
Ferner muss sich der deutsche Arbeitgeber bereiterklären, die Beitrags- und Meldepflichten zur deutschen Sozialversicherung zu übernehmen. Als Bemessungsgrundlage hierzu dient das gesamte Gehalt, welches die Person – ggf. von mehr als einem Arbeitgeber – beanspruchen kann.
Zeitlicher Rahmen einer Ausnahmevereinbarung
Eine Ausnahmevereinbarung wird grundsätzlich nur für Beschäftigungszeiträume von bis zu maximal fünf Jahren getroffen. Bei der Berechnung des Fünf-Jahres-Zeitraums werden Zeiten einer vorherigen Entsendung in die Türkei angerechnet. Bei einer mehr als einjährigen Unterbrechung der Arbeiten in der Türkei entfällt eine solche Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten.
Verlängert sich ein zunächst für maximal fünf Jahre geplanter Einsatz in der Türkei, kann aus unserer Sicht eine weitere Ausnahmevereinbarung für maximal drei weitere Jahre in Betracht kommen, sofern besondere Umstände der Beschäftigung die Verlängerung des Einsatzes in der Türkei erfordern. Diese Gründe sind im Antrag vom Arbeitgeber oder der beschäftigten Person nachvollziehbar darzulegen.
Besonderheiten für die Türkei
Eine Ausnahmevereinbarung kann nur getroffen werden, wenn die Person vom persönlichen Geltungsbereich erfasst wird. Dies sind:
- deutsche und türkische Staatsangehörige
- Flüchtlinge und Staatenlose
- Staatsangehörige von Staaten, mit denen Deutschland durch über- oder zwischenstaatliches Recht über Soziale Sicherheit verbunden ist (mithin Staatsangehörige von EU/EWR-Staaten bzw. der Schweiz, sowie alle Staaten, mit denen Deutschland Sozialversicherungsabkommen getroffen hat) und
- Personen, die als Angehörige der oben genannten Personenkreise, entsprechende Rechte ableiten können.
Der Antrag sollte möglichst vier Monate vor Beginn des Zeitraums, für den die Vereinbarung geschlossen werden soll, beim GKV-Spitzenverband, DVKA gestellt werden, damit bereits zu Beginn des Antragszeitraums für alle Beteiligten Rechtssicherheit hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsvorschriften besteht.
Kann der Antrag ausnahmsweise erst nach Aufnahme der Beschäftigung in der Türkei bzw. nach Ablauf des Zeitraums, für den bereits eine Entsendung festgestellt oder eine Ausnahmevereinbarung geschlossen wurde, gestellt werden, ist der Grund für die Verspätung anzugeben. Ferner bitten wir um Mitteilung, ob weiterhin ausschließlich Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland gezahlt wurden.
Zuständigkeit für den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen
Für den Abschluss einer solchen Vereinbarung ist auf deutscher Seite der GKV-Spitzenverband, DVKA und auf türkischer Seite die Sozialversicherungsbehörde Sosyal Güvenlik Kurumu Baskanligi (SGK) zuständig. Es sind in jedem Einzelfall beide Stellen beteiligt, wobei der GKV-Spitzenverband, DVKA die Kommunikation mit der türkischen Stelle übernimmt.
Den Antrag auf Abschluss einer Ausnahmevereinbarung, nach der die deutschen Rechtsvorschriften gelten sollen, ist gemeinsam von der beschäftigten Person und ihrem Arbeitgeber bzw. von der selbstständig tätigen Person beim GKV-Spitzenverband, DVKA zu stellen.
Antragsverfahren für Beschäftigte
Bitte senden Sie sowohl den Antrag als auch die Erklärung des Arbeitnehmers / der Arbeitnehmerin vollständig ausgefüllt und jeweils unterschrieben an:
GKV-Spitzenverband, DVKA
Postfach 200464
53134 Bonn
Telefax: 0228-9530-601
De-Mail: ausnahmevereinbarung@dvka.de-mail.de
(DE-Mail kann nur genutzt werden, wenn Sie einen Zugang zu DE-Mail haben)
Antrag und Erklärung zum Abschluss einer Ausnahmevereinbarung
Antragsverfahren für Selbstständige
Für Selbstständige ist der persönlich unterschriebene Antrag formlos zu stellen.
Dieser Antrag sollte insbesondere folgende Angaben erhalten:
- zur Person (Name, Geburtsdatum, Anschrift, Telefon oder E-Mail),
- zur Rentenversicherungsnummer (falls vorhanden),
- zur Erwerbstätigkeit in Deutschland,
- zum Einsatzort in der Türkei
- zur Aufenthaltsdauer in der Türkei inklusive einem Hinweis, woraus sich die zeitliche Befristung des Aufenthaltes ergibt,
- zur gesetzlichen Krankenkasse (falls vorhanden),
- zu den Zweigen der deutschen Sozialversicherung, bei denen eine Absicherung besteht.
Ausstellung der Bescheinigung T/A 1
Stimmen beide Stellen dem Abschluss der Ausnahmevereinbarung zu, teilen wir dies dem Antragsteller schriftlich mit. Aufgrund dieses Schreibens erhalten Sie die Bescheinigung T/A 1, die als Nachweis über die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit dient.
Diese Bescheinigung wird nach Vorlage unseres Zustimmungsschreibens ausgestellt von:
- der gesetzlichen Krankenkasse, an die die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt werden,
- dem zuständigen Unfallversicherungsträger, sofern in Deutschland nur eine gesetzliche Unfallversicherung besteht,
- im Übrigen der Deutschen Rentenversicherung Bund, Berlin.