Zweck einer Ausnahmevereinbarung
Gelten nach den zuvor genannten Regelungen die brasilianischen Rechtsvorschriften, kann im Einzelfall eine Ausnahmevereinbarung darüber getroffen werden, dass für die beschäftigte oder selbstständig tätige Person anstelle der brasilianischen die deutschen Rechtsvorschriften gelten. Wird eine solche Vereinbarung geschlossen, gilt sie stets einheitlich für alle vom Abkommen erfassten Zweige der deutschen Sozialversicherung.
Voraussetzung für den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung
Bei einer Ausnahmevereinbarung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der beiden in Deutschland und Brasilien genannten Stellen. Grundvoraussetzung für den Abschluss einer Ausnahmevereinbarung ist das Interesse der Person daran, dass für sie weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften gelten sollen. Bei der Entscheidung werden Art und Umstände der Erwerbstätigkeit und im Falle von Beschäftigten insbesondere die weitere arbeitsrechtliche Bindung an den in Deutschland ansässigen Arbeitgeber berücksichtigt.
Eine solche arbeitsrechtliche Bindung liegt vor, wenn das bisherige Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht oder lediglich um zusätzliche Regelungen für die Zeit des Einsatzes in Brasilien ergänzt wird.
Aber auch ein ruhendes Arbeitsverhältnis kann aus unserer Sicht eine ausreichende arbeitsrechtliche Bindung darstellen, wenn bestimmte Nebenpflichten (z. B. Berichtspflichten gegenüber dem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber, Fortführung der betrieblichen Altersvorsorge bei diesem Arbeitgeber) während des Auslandseinsatzes bestehen bleiben und das bisherige Arbeitsverhältnis bei der Rückkehr nach Deutschland in vollem Umfang wiederauflebt.
Ferner muss sich der deutsche Arbeitgeber bereiterklären, die Beitrags- und Meldepflichten zur deutschen Sozialversicherung zu übernehmen. Als Bemessungsgrundlage hierzu dient das gesamte Gehalt, welches die Person – ggf. von mehr als einem Arbeitgeber - beanspruchen kann.
Zeitlicher Rahmen einer Ausnahmevereinbarung
Eine Ausnahmevereinbarung wird grundsätzlich nur für Beschäftigungszeiträume von bis zu maximal fünf Jahren getroffen. Bei der Berechnung des Fünf-Jahres-Zeitraums werden Zeiten einer vorherigen Entsendung nach Brasilien angerechnet.
Verlängert sich ein zunächst für maximal fünf Jahre geplanter Einsatz in Brasilien, kann aus unserer Sicht eine weitere Ausnahmevereinbarung für maximal drei weitere Jahre in Betracht kommen, sofern besondere Umstände der Beschäftigung die Verlängerung des Einsatzes in Brasilien erfordern. Diese Gründe sind im Antrag vom Arbeitgeber oder der beschäftigten Person nachvollziehbar darzulegen.
Besonderheiten für Brasilien
Eine Ausnahmevereinbarung sollte möglichst vier Monate vor Aufnahme der Beschäftigung in Brasilien bzw. vor Ablauf des 24. Kalendermonats einer Entsendung nach Brasilien beim GKV-Spitzenverband, DVKA beantragt werden, damit bereits zu Beginn des Antragszeitraums für alle Beteiligten Rechtssicherheit hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsvorschriften besteht.
Kann der Antrag ausnahmsweise erst nach Aufnahme der Beschäftigung in Brasilien bzw. nach Ablauf des 24. Kalendermonats der Entsendung bzw. des Zeitraums, für den bereits eine Ausnahmevereinbarung geschlossen wurde, gestellt werden, ist der Grund für die Verspätung anzugeben. Ferner bitten wir um Mitteilung, ob weiterhin ausschließlich Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland gezahlt wurden.
Bei einem wiederholten Einsatz der Person in Brasilien kommt eine erneute Ausnahmevereinbarung nur in Betracht, wenn die Person in der Zwischenzeit mindestens 24 Monate in Deutschland gearbeitet hat. Beträgt der Unterbrechungszeitraum weniger als 24 Monate, wird die Zeit, für die bereits im Rahmen einer Entsendung oder gemäß einer Ausnahmevereinbarung die deutschen Rechtsvorschriften gegolten haben, auf die obengenannten maximalen Vereinbarungszeiträume angerechnet.
In einer zwischen uns und der brasilianischen Seite geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung des Abkommens wurde zwar festgehalten, dass eine Ausnahmevereinbarung grundsätzlich nur dann geschlossen werden kann, wenn die beschäftigte Person ausschließlich an ihren deutschen Arbeitgeber arbeitsvertraglich gebunden ist. Inzwischen zeigt die praktische Umsetzung des Abkommens jedoch, dass ein zusätzlicher lokaler Arbeitsvertrag dem Abschluss von Ausnahmevereinbarungen nicht zwingend entgegensteht.
Zuständigkeit für den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen
Für den Abschluss einer solchen Vereinbarung ist auf deutscher Seite der GKV-Spitzenverband, DVKA und auf brasilianischer Seite die Agencia da Previdencia Social Atendimento Acordos Internacionais Florianópolis (APSAI) zuständig. Es sind in jedem Einzelfall beide Stellen beteiligt, wobei der GKV-Spitzenverband, DVKA die Kommunikation mit der brasilianischen Stelle übernimmt.
Der Antrag auf Abschluss einer Ausnahmevereinbarung, nach der die deutschen Rechtsvorschriften gelten sollen, ist gemeinsam von der beschäftigten Person und ihrem Arbeitgeber bzw. von der selbstständig tätigen Person beim GKV-Spitzenverband, DVKA zu stellen.
Antragsverfahren für Beschäftigte
Bitte senden Sie sowohl den Antrag als auch die Erklärung des Arbeitnehmers / der Arbeitnehmerin vollständig ausgefüllt und jeweils unterschrieben an:
GKV-Spitzenverband, DVKA
Postfach 200464
53134 Bonn
Telefax: 0228-9530-601
De-Mail: ausnahmevereinbarung@dvka.de-mail.de
(DE-Mail kann nur genutzt werden, wenn Sie einen Zugang zu DE-Mail haben)
Antrag und Erklärung zum Abschluss einer Ausnahmevereinbarung
Antragsverfahren für Selbstständige
Für Selbstständige ist der persönlich unterschriebene Antrag formlos zu stellen.
Dieser Antrag sollte insbesondere folgende Angaben erhalten:
- zur Person (Name, Geburtsdatum, Anschrift, Telefon oder E-Mail),
- zur Rentenversicherungsnummer (falls vorhanden),
- zur Erwerbstätigkeit in Deutschland,
- zum Einsatzort in Brasilien,
- zur Aufenthaltsdauer in Brasilien inklusive einem Hinweis, woraus sich die zeitliche Befristung des Aufenthaltes ergibt,
- zur gesetzlichen Krankenkasse (falls vorhanden),
- zu den Zweigen der deutschen Sozialversicherung, bei denen eine Absicherung besteht.
Ausstellung der Bescheinigung BR/DE 101
Stimmen beide Stellen dem Abschluss der Ausnahmevereinbarung zu, stellt der GKV-Spitzenverband, DVKA die Bescheinigung BR/DE 101 als Nachweis über die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit aus.